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Am nächsten Morgen wachte ich, in eine Decke gehüllt und mit Kissen unter dem Kopf, auf Andies Sofa auf. Ich musste los.Ich warf einen Blick ins Schlafzimmer – Andie lag in ihrem Bett. Ich überlegte, eine Nachricht zu hinterlassen, doch ich setzte mich auf den Bettrand und strich über ihr Haar. Sie öffnete die Augen.
»Ich muss gehen.«»Wohin?«, wollte sie wissen und schob unter der Decke ihre
Hand auf meine zu.
»Ich habe dir gestern Abend was versprochen. Das muss ich
einlösen.«
Andie nickte mit glänzenden Augen. »Komm her.« Ihre verschlafene
Stimme klang verführerisch, und plötzlich
tat die Wunde gar nicht mehr weh. Kurz überlegte ich,
mich
auszuziehen und zu ihr ins Bett zu schlüpfen.
»Du hast was bei mir gut«, meinte ich und drückte ihre Hand. »Da
wird mir schon was einfallen. Wie geht’s deiner Wunde?« »Besser.
Ich brauchte nur etwas Zuwendung.« Ich hob meinen
Arm. Aber nicht allzu weit.
»Was wirst du tun, Nick?« Ihr Blick wurde etwas ernster. Ich
wusste, was ich als Erstes tun würde. Es war unmöglich,
mich weiter im Abseits zu halten. »Den Unterricht
schmeißen.«
Ich lächelte, drückte zum Abschied ihre Schulter, stand auf
und
ging zur Tür.
»Pellisante«, rief sie mir hinterher.
»Ja?«
»Tu mir einen großen Gefallen. Versuche, dich nicht erschießen zu
lassen. Auch nicht anschießen.«
»Wir sehen uns später.« Ich lächelte.
Ich fuhr nach Hause, um zu duschen und frische Kleider
anzuziehen. Der Forschungsurlaub war gestrichen. Ich ging
Richtung Javits-Messehallen, und als ich im Taxi saß, rief
ich
meine FBI-Kollegen an.
Von Cavello keine Spur. Das schockierte mich nicht. Ich
wusste, dass er angesichts der perfekten Planung seiner
Flucht
nur schwer zu finden sein würde.
Doch wir hatten sein Fluchtfahrzeug gefunden. Der
schwarze
Bronco hatte in der Henry Street keine vier Blocks vom
Gerichtsgebäude entfernt gestanden. Er war zwei Tage zuvor
vom
Parkplatz eines Einkaufszentrums in Staten Island
gestohlen
worden. Und auch die Nummernschilder waren geklaut. Wir
hatten praktisch die gesamte Ostküste abriegeln lassen.
Jeden
Flughafen und jede Brücke. Jeden Hafen von Boston bis
Baltimore.
Aber Cavello konnte mittlerweile überall sein.
»Da gibt’s noch was anderes, Nick.« Ray Hughes stieß die
Luft aus. »Ralph Denunziattas Schwester wurde gestern
Abend
tot aufgefunden. Sie wurde bei sich zu Hause erschossen –
genau zwischen die Augen. Eine Nachbarin, die offenbar zu
Besuch war, wurde auch erschossen.«
»O Gott!«
»Neun Millimeter. Dasselbe Kaliber, das im Gericht verwendet wurde.
Wir warten auf den ballistischen Bericht. Aber es
kommt noch schlimmer.«
»Schlimmer? Was kann denn noch Schlimmeres kommen?« »Es war noch
ein Kind da. Die Polizei fand Denunziattas
einjährige Großnichte in der Küche.«
»Ach, komm schon, Ray.«
»Sie lebt. Aber hör dir das an: Sie hat schwere
Brandwunden
an Gesicht und Händen. Von kochendem Wasser, Nick. Was
für
einem durchgeknallten Monster jagen wir eigentlich
hinterher?
Auf den Latz der Kleinen war eine Nachricht geschrieben.
Die
Schriftsachverständigen schauen sich die Sache gerade an.« Die Wut,
die sich in mir aufbaute, brachte mich wieder schier
zum Platzen. »Was steht auf dem Latz?«
»Da steht: ›Ich halte meine Versprechen.‹«